Bebaute Brücke wäre eine Mauer

(Leserbrief vom 2. August 2003)

 

Ob sich Bamberg mit seiner Bewerbung als Kulturhauptstadt 2010 gegen die bayerischen Mitbewerber Augsburg und Regensburg durchsetzen wird, lasse ich dahingestellt. Ich stelle jedoch die Frage, ob und welchen Nutzen die Stadt oder der Einzelne schlussendlich aus einem solchen Titel zu ziehen vermag. Sicher werden sich die Besucher noch mehr in der Stadt auf engstem Raum gegenseitig auf die Füße treten und das Fortkommen der Einheimischen, besonders der motorisierten, noch mehr erschweren. (Dieser Tage erlebte ich bei meiner Fahrt zu einem Krankenbesuch im Krankenhaus auf der Höhe vom Schlenkerla nicht weniger als drei gar nicht nette Begebenheiten: Zwei Radfahrer fuhren entgegen der Einbahnstraße und trommelten im Vorbeifahren auf mein Autodach; ein Radler stellte sich quer und wollte mich partout nicht weiter fahren lassen; ein Fußgänger zeigte mir den Vogel.)

Ganz und gar nicht passt aber nun zu dieser Bewerbung die als „Historische Chance für Bamberg“ angepriesene „bebaute Kettenbrücke“, die der Bevölkerung von einigen Profitgeiern mit nicht stichhaltigen Argumenten schmackhaft gemacht wird. Neu anzusiedelnde Geschäfte kommen nämlich entweder von auswärts mit Filialen, wofür sie keine Steuern zahlen, oder sie geben an anderer Stelle in Bamberg auf. Die Königstraße kann nicht aufgewertet werden, weil deren Verödung in erster Linie auf die widersinnige Einbahnführung zurückzuführen ist. Und die Beteiligung der Investoren an den Kosten der Sanierung der Kettenbrücke ist ein Danaergeschenk, da sie sich die enormen Kosten für den Grundstückskauf an anderer Stelle sparen, abgesehen davon, dass eine spätere Brückensanierung komplizierter und geldaufwändiger werden würde. Das ist die eine Seite, die wirtschaftliche.

Mindestens genauso zu beachten ist die kulturelle Seite, nämlich die Zerstörung des Stadtbildes. Soll sich doch einmal einer dieser Herrschaften auf die Löwen- oder die Luitpoldbrücke stellen und flussauf- oder abwärts auf dieses gedachte dreistöckige Monstrum schauen (man könnte dazu ein Leergerüst errichten). Wie eine Mauer würde ein solches Bauwerk die Flusslandschaft zerschneiden und – was mindestens genauso schwer wiegt – den für die Stadt notwendigen Luftaustausch beeinträchtigen! Dass sich die von allen guten Geistern verlassene und immer weniger Akzeptanz in der Bevölkerung findende CSU zur Bannerträgerin dieses Unfuges hergibt, wundert mich nicht. Dass aber StR Zachert zu den „begeisterten Verfechtern“ zählt, gibt mir zu denken. Offenbar scheint die Bamberger SPD darauf erpicht zu sein, sich bei schwachsinnigen Vorhaben von der anderen Seite nicht überbieten zu lassen, was für mich als SPD-ler (mit 50-jähriger Zugehörigkeit und hinreichender Erfahrung in der aktiven Politik) not amusing ist. Zu solchen Torheiten habe ich meine Stimmen nicht gegeben.

PS: Ich kenne noch die Stadt aus der Perspektive des hölzernen Löwenstegs (nicht der heutigen Brücke), der alten im Krieg gesprengten Kettenbrücke und der Sophien- = Luitpoldbrücke sowie des Behelfs-Erlösersteges und weiß sehr wohl, wovon ich rede bzw. worüber ich schreibe.

Andreas Stenglein
Weiße Marterstraße 13
96049 Bamberg-Gaustadt