Die Bildsäule von Geusfeld

An der Straße nach Wustviel stand, solange man sich erinnern kann, rechterhand am Ortsrand auf dem sogen. Rößners-Acker (= Flur-Nr. 138) eine Bildsäule mit dem Relief der Dreifaltigkeit im Bildaufsatz. Eines Tages war sie nicht mehr da, was aber offenbar keinem der zuständigen Herren aufgefallen war bzw. keinen gestört hatte. Aufgefallen ist es aber Frau Hedi Wimmer, geborene Rößner, anläßlich eines Besuches in ihrer alten Heimat Theinheim. Sie war es auch, die sich sehr daran störte und mich nach dem Verbleib des Bildstockes zu forschen bat, weil ihn ein Vorfahre von uns gestiftet hat.

Irgendwann, wahrscheinlich in den 50-er oder 60-er Jahren, muß die Bildsäule eingestürzt sein. Beim Straßenausbau 1975/76 jedenfalls sollen der Bildaufsatz und ein Teil der Säule schon am Boden gelegen haben; der Sockel mit der Inschrift „Errichtet Ch. R.“ sei noch vorhanden gewesen. Im Zuge der Straßen- baumaßnahme oder kurz hinterher sei alles verschwunden: Sockel, Säule und Bildaufsatz. Nicht zu erfahren war, ob die Säule von selber eingefallen ist oder ob sie umgeworfen wurde.
Umfangreiche Nachforschungen waren erforderlich bis ich den Bildaufsatz entdeckte: ich fand ihn im Bauhof der Stadt Gerolzhofen! Er befand sich in einem miserablen Zustand. Was der Zahn der Zeit nicht geschafft hatte, hat die unsachgemäße Behandlung nach 1945 vollbracht. Säule und Sockel waren nicht mehr aufzuspüren.
Dann wurde beim Kreisbaumeister des Landratsamtes Haßberge die für die Sanierung und Wiedererrichtung vorgeschriebene Genehmigung eingeholt und die Durchführung der erforderlichen Arbeiten veranlaßt.
Der Bildaufsatz wurde in seinem geschundenen Zustand belassen und lediglich gegen den weiteren Verfall präpariert; er wurde nicht modernisiert, wie dies so häufig der Fall ist. Die fehlenden Teile sind ergänzt worden.
Die Bildsäule kann nunmehr wieder aufgestellt werden. Sie soll zu einem kurzen Gebet einladen und an ihren Stifter Christoph Rößner erinnern, der mit seinem Herrgott und der Natur offenbar mehr verbunden war als manche heutige Zeitgenossen, die Kulturdenkmäler – zu denen auch und gerade solche Bildstöcke gehören – bewusst oder unbewußt kaputt gehen lassen.
Die Wiederherstellung wurde auf eigene Kosten durchgeführt. Öffentliche Zuschüsse sind nicht in Anspruch genommen worden.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Wendelin Jooß, Haus Nummer 18, der mich bei meiner Arbeit sehr unterstützt hat.

Andreas Sebastian Stenglein

17. Juni 1989

Der Stifter der Bildsäule

Christoph Rößner, der Stifter der Bildsäule, hat am 13.9.1792 in Obersteinbach das Licht der Welt erblickt, wo seine Eltern Rößner Andreas und Barbara, geb. Müller, seit 1790 lebten und den Hof Nr. 7 besaßen. Vorher waren sie in Untersteinbach ansässig gewesen. Am 6.11.1827 ehelichte er die SCHLEHLEIN Katharina aus Wustviel Nr. 34 (= Friedhofstraße 1). Deren Vorfahren väterlicherseits waren 1691 aus Forchheim nach Ebrach und von dort aus über Burgwindheim, Winkelhof und Klebheimerhof nach Wustviel gekommen. Verstorben ist Christoph am 11.04.1870 in Geusfeld. Bis 1833 hatte er das Anwesen Nr. 16 (= Bahnhofstraße 32) besessen, später den Hof Nr. 18 (= Ebracher Weg 4). Er hinterließ sechs Kinder.
Die Tochter Anna Maria war zuerst mit dem GEHEB Johann aus Geusfeld Nr. 23 (= Dorfstraße 19) und dann mit dem BÖHNLEIN Lorenz aus Oberschwappach verheiratet; ihr bzw. ihren Männern gehörte das Anwesen Nr. 21 (= Dorfstraße 12).
Der Sohn Michael schloß mit der Müllertochter RÖDER Katharina von der Haudersmühle in Michelau die Ehe. Er bekam das Elternhaus, verkaufte es jedoch an die Familie JOOSS und zog nach Alitzheim Nr. 25.
Der Sohn Andreas vermählte sich mit der Bauerntochter FIRSCHING Elisabeth aus Breitbach Nr. 8. Erst ließ er sich in Ebrach Nr. 10 nieder. Dann erwarb er in Theinheim den Hof Nr. 33, heute Rößweg Nr. 5, der sich jetzt im Besitz von Willi Rößner befindet. Der Theinheimer Linie gehöre ich mütterlicherseits an.
Der Sohn Franz Karl ehelichte die Bauerntochter ERNST Anna Margareta aus Geusfeld Nr. 36 (= Am Spreubach 7) und übernahm den Bauernhof des Schwiegervaters. Seine Tochter Maria (oo mit Geheb Wendelin) erhielt den Hof. Seine Söhne Franz, Josef und Johann haben sich in Rügshofen bzw. Gerolzhofen angesiedelt.
Der Sohn Adam heiratete die Schuhmachertochter MULLER Maria Margareta aus Geusfeld und gelangte so in den Besitz des schwiegerelterlichen Anwesens Nr. 16 (= Bahnhofstraße 32). Das Haus erhielt später der Sohn Andreas. Die zwei anderen Söhne Georg und Josef sind nach Gerlachshausen bzw. Michelau gezogen.
Das Schicksal der Tochter Barbara war nicht aufzuklären.
Die Vorfahren des Christoph waren nach den Urkunden der Pfarrei Herlheim schon weit vor dem Dreißig-Jährigen-Krieg in Oberspiesheim beheimatet.
1710 heiratete Rößner Michael, Christophs Urgroßvater, nach Oberschwarzach. 1716 übersiedelte er nach Wustviel und 1719 nach Untersteinbach.

Seit dieser Zeit gibt es die Familie Rößner im Tal der Rauhen Ebrach.

Wann Christoph Rößner die Bildsäule gestiftet hat, läßt sich nicht mehr feststellen. Als mutmaßlicher Zeitraum hierfür dürften die Jahre 1840 bis 1860 in Frage kommen.