Bamberg streitet um Bilder aus der NS-Zeit im Rathaus

Der Fränkische Tag Bamberg berichtet in seiner Ausgabe vom 21. Oktober 2015 unter dem Titel „Umstrittene Rathaus-Bilder“ über die Sitzung des Kultursenats, in der es um die Frage ging, ob die Bilder eines in der Nazi-Zeit hoch dekorierten Malers im Sitzungssaal im Rathaus hängen bleiben dürfen.

https://www.infranken.de/regional/bamberg/Bamberg-streitet-um-Bilder-aus-der-NS-Zeit-im-Rathaus;art212,1311876

Berichtigung

Die Stelle „Die Bayerleinschen Bilder wurden 1937 unter dem damaligen NSDAP-Oberbürgermeister Lorenz Zahneisen für das Bamberger Rathaus gemalt und angekauft. Also von jenem Mann, der am 22. März 1933 im Stadtrat als neuer Stadtrat beantragte, ‚der sozialdemokratischen Stadtratsfraktion die Teilnahme an der Sitzung zu versagen’ und …“ muss richtig heißen:

„Die Bayerleinschen Bilder wurden 1937 unter dem damaligen NSDAP-Oberbürgermeister Lorenz Zahneisen für das Bamberger Rathaus gemalt und angekauft – also von jenem Mann, der am 22. März 1933 im Bamberger Stadtrat, dem er ab 1930 aufgrund der Wahl vom 8. Dezember 1929 (und nicht als neuer Stadtrat ab 1933)   angehörte,[1] beantragte, ‚der sozialdemokratischen Stadtratsfraktion die Teilnahme an der Sitzung zu versagen’ und …“
Das heißt: Die am 8. Dezember 1929 von der Bevölkerung demokratisch gewählten SPD-Stadträte für die Wahlperiode 1930 – 34 sollten gesetzwidrig aus diesem Gremium ausgeschlossen werden.[2]

Zahneisens Antrag kam nicht zur Abstimmung; er fand seine Erledigung am 26. April 1933. An diesem Tage wurden aufgrund des Gleichschaltungsgesetzes vom 7. April 1933 die Stadtratssitze entsprechend den Er- gebnissen der Reichstagswahl vom 5. März 1933 neu verteilt (vgl. C 1, Nr. 707, Sitzungsprotokoll v. 26. April 1933 bei Stadtarchiv).
Es erhielten:
NSDAP                                                  14 Sitze
BVP                                                          9 Sitze
SPD                                                          4 Sitze
Kampfbund Schwarz-Weiß-Rot           1 Sitz.

Die vier SPD-Sitze fielen an: Andreas Bayer (*13.6.1911 Bamberg, †12.11.1987 ebd.), Josef Dennstädt (*7.7.1891 Gunzenhausen, †31.1.1959 Bamberg), Georg Grosch (*9.12.1906 Bamberg, †27.7.1987 ebd.) und Anton Schlauch (*27.9.1895 Bamberg, †12.1.1967 ebd.).

Bei der Wahl Zahneisens zum 2. Bürgermeister am 26. April 1933 waren die SPD-Stadträte Grosch und Schlauch anwesend. Bayer und Dennstädt waren entschuldigt; sie befanden sich in Schutzhaft (C 1, Nr. 707).
Zahneisen erhielt 24 Stimmen, Stadtrat Schäfer eine Stimme, zwei Stimmzettel waren „unbeschrieben“. Das Abstimmungsergebnis lässt den Schluss zu, dass die zwei „unbeschriebenen Stimmzettel“ den SPD-Stadträten Grosch und Schlauch zuzuschreiben sind und die BVP-Stadträte demzufolge Zahneisen gewählt haben.

Von der Stadtratssitzung am 5. Juli 1933 an waren die SPD-Stadträte wegen Verbots der SPD ausgeschlossen; sie war am 22. Juni 1933 von NS-Innenminister Wilhelm Frick zur staats- und volksfeindlichen Partei erklärt worden.[3]

Andreas Stenglein, 23. März 2016


 [1] Lorenz Zahneisen wurde – zusammen mit Eichmeister Anton Schäfer, Landwirt Leonhard Schäder, Friseur Albert Körk und Sekretär Theodor Wanderer – am 8. Dezember 1929 für die NSDAP in den Stadtrat gewählt (vgl. a. Wolfgang Zehentmeier, Die Entwicklung der NSDAP in der Stadt Bamberg 1925 – 1935, S. 77 ff., unveröffentlichte Magisterarbeit, Würzburg 1990; BB k 30).
[2] Von der SPD gehörten in der Wahlperiode 1930 – 34 dem Stadtrat an: Josef Dennstädt (*7.7.1891 Gunzenhausen, †31.1.1959 Bamberg), Georg Dotterweich (*16.9.1884 Bamberg, †15.4.1949 ebd.), Michael Linsner (*30.7.1880 Weigolshausen, Reichsbahnobersekretär a. D., im April 1933 nach Eltmann verzogen), Hans Rösch (*25.6.1874 Bamberg, Arbeitersekretär, †7.1.1933 ebd., für ihn rückte Georg Göttling [*10.3.1896 Bamberg, †9.8.1959 ebd.] am 11.1.1933 nach [C 1, Nr. 707]), Johann Steitz (*7.7.1866 Bamberg, †13.2.1953 ebd.) und Hans Willner (*4.5.1886 Bamberg, Kaufmann, †2.2.1958 ebd.).
Am 15.6.1919 wurden für die SPD gewählt: Hans Rösch, Michael Linsner, Julius Rüffer, Sebastian Huber, Fritz Duschl, Georg Waller und Magdalena Wirthmann. Für Duschl rückte Hans Willner nach und für Waller zog Johann Förtsch ins Gremium ein. Johann Steitz war 3. Bürgermeister.
Am 4.5.1924 wurden für die SPD in den Stadtrat gewählt: Johann Steitz, Hans Rösch, Hans Willner, Michael Linsner, Ludwig Dittmar und Elisabeth Firsching.
Weitere Informationen zu den Ergebnissen der Kommunalwahlen 1924 und 1929 (z. B. Fraktionsstärken) können in der Zeitgeschichtlichen Sammlung des Stadtarchivs (BS 2845, T, Nr. 38 u. 44) oder den Stadtratsprotokollen (C 1) recherchiert werden.
[3] Die BVP-Stadträte waren lt. Niederschrift v. 19. Juli 1933 zurückgetreten (BS 992, T, S. 138 u. C 1, Nr. 707).

Siehe auch: Drei Bamberger Parteien mit ähnlichem Schicksal
Siehe auch: Bayerlein: Bilder auch vom politischen Gesichtspunkt betrachten
Siehe auch: Gedenktafel wird an verfolgte Stadträte erinnern
Siehe auch: Zahneisens Wahl zum zweiten und ersten Bürgermeister
Siehe auch: Bayerlein-Bilder im Rathaus
Siehe auch: Umstrittenes Vermächtnis aus Bambergs Nazi-Zeit (inFranken.de)
Siehe auch: Grüne Handschrift wird deutlich
Siehe auch: Ist das Nazi Kunst?
Siehe auch: Fritz Bayerlein und Bambergs fatale Politik