Es ist nicht alles Gold was glänzt

(Leserbrief vom 30. April 2003)

 

Die Besitzer der Villa Wassermann am Schönleinsplatz wollen in den „historischen Tresorräumen“ ein Tresorraum-Museum einrichten, das die jüdische Vergangenheit des Hauses (was ist das für ein Unsinn!) und die tragische Geschichte der Bankiersfamilie Wassermann dokumentieren soll. Dr. Herbert Loebl (London) will Exponate wie Originalfotos der Familie Wassermann usw. beisteuern und die Besitzer des Hauses wollen „allerlei Unterlagen“, die sie in Geldschränken des Hauses fanden, dazutun (siehe FT vom 23 April). Soweit so gut oder auch nicht.

Loebl beschreibt in seinem Buch „Die Juden in Bamberg“ ausführlich die Aktivitäten des Bankhauses. Die Zeit, in der es in der Langen Straße 26 agierte, ehe es das Anwesen Sophienstraße 1 (nun: Willy-Lessing-Straße) erwarb, hat er weitgehend ausgeklammert. Wie die Familie zu ihrem Reichtum gekommen ist, hat er nur vage angedeutet. Und Diana Elisabeth Fitz ist in ihrer Arbeit „Vom Salzfaktor zum Bankier“ ebenfalls nur an der Oberfläche geblieben. Sie weist anhand einzelner Fälle zwar nach, wem das Bankhaus Geld geliehen hat, nicht jedoch, von wem. Jetzt haben die neuen Hausbesitzer gleichfalls solche „Schuldnerlisten“ gefunden, womit wiederum nur die Ausgaben- und nicht die Einnahmenseite beleuchtet werden kann. Diese Listen sollen jedoch nicht ausgestellt werden, weil stadtbekannte Namen darin stünden. Dieses Argument ist lächerlich, da solche Verzeichnisse ja längst zugänglich sind (s. o.). Zu vermuten ist eher, dass die Aufstellungen keinen Pfifferling wert sind und man sich damit bloß wichtig machen will.

Ich habe jedenfalls bei meinen Forschungen über ein bei eben dieser Bank angelegtes und dort um 1870 verschwundenes Geld eines Mitglieds unserer Familie (es handelt sich immerhin um einen Betrag von 90.000 Gulden, was dem Gegenwert von fünf-sechs Häusern entsprach) feststellen müssen, dass eine Menge Unterlagen (z. B. in den Akten der Regierung von Oberfranken, Präsidialkanzlei) vorhanden sind, die ausweisen, wem das Bankhaus Geld geliehen und spendiert hat, jedoch keine Journale, aus denen sich nachweisen ließe, wer bei der Bank Geld angelegt hatte und was mit den Einlagen geschehen ist. Das ist, vornehm ausgedrückt, schon recht seltsam!

Das Bankhaus Wassermann ist während des Dritten Reiches arisiert worden. Das war nicht in Ordnung. Zwischen den Nachkommen der ehemaligen Eigentümer und den neuen Inhabern ist nach dem Krieg ein Vergleich geschlossen und eine Wiedergutmachung durchgeführt worden, so dass die Angelegenheit – so bedauerlich sie sein mag – eigentlich erledigt ist. Wenn aber schon das Schicksal dieser Familie erhellt und durch eine Ausstellung dokumentiert werden soll, dann bitte auch die andere Seite der Medaille beleuchten, weil nicht alles Gold ist was glänzt.

Andreas Stenglein
Weiße Marterstraße 13
96049 Bamberg-Gaustadt