Net g’haut und net g’stochen

(Leserbrief vom 23. März 2005; nicht gedruckt)

Stadtrat Dieter Weinsheimer fordert in einem Antrag an Oberbürgermeister Herbert Lauer, „einen Zusammenschluss der Kliniken in Stadt und Landkreis zu prüfen, weil durch eine solche Fusion in einem Zweckverband ein Gesundheitskonzern von respektablem Ausmaße entstehen würde“ (FT vom 17.3.2005). Hintergrund des Antrages seien „Besorgnis erregende Meldungen, wonach aus Kostengründen nur die stärksten Krankenhäuser die nächsten zehn Jahre überleben sollen“.

Der Antrag geht, wenn auch verquert, weil er lediglich eine Prüfung durch den OB und keinen definitiven Stadtratsbeschluss verlangt, also net g’haut und net g’stochen ist (siehe Gerichtsrat Walter im „Zerbrochenen Krug“), in die richtige Richtung.

Die heutige Krankenhausmisere ist das Ergebnis der nach dem Krieg vom Bamberger Stadtrat und vom Bamberger Kreistag betriebenen kleinkarierten Politik. Die Weichen hierfür wurden besonders in den 60-er Jahren gestellt. Ich will das als einer der wenigen noch lebenden Kreisräte kurz skizzieren. (Von den Mitgliedern des seinerzeit maßgeblichen Kreisausschusses, nämlich Güttler [Burgebrach], Gick [Memmelsdorf], Kügel [Hirschaid], Jäck [Gaustadt], Dumpert [Starkenschwind], alle CSU, Stenglein [Gaustadt], Lieff [Gaustadt], beide SPD, und Nastvogel [Bischberg], Freie Liste, lebt außer mir keiner mehr.)

Damals wurden die notdürftigst ausgestatteten Kreiskrankenhäuser Scheßlitz und Burgebrach modernisiert. Eine Konzentration des Krankenhauswesens in der Stadt Bamberg kam nicht in Betracht, weil die Verkehrsverhältnisse das nicht zuließen (vielleicht für die per Sanka transportierten Patienten, nicht aber für die Angehörigen, die verbotswidrig per Traktor anreisten).

Gegen Ende der 60-er Jahre ist auch die Landkreisbevölkerung mobiler geworden. Ab dieser Zeit hätte eine bessere Verknüpfung stattfinden müssen. Dagegen wehrte sich aber die kohlrabenschwarze Mehrheit, die jegliche Zusammenarbeit mit der Stadt ablehnte. Umgekehrt war es nicht besser. Die Stadt, die geringschätzig auf die Landbewohner guckte, gab dem Landkreis über ihre Planvorstellungen für das künftige Hauptversorgungskrankenhaus zunächst überhaupt keine Informationen und später nur ganz zögerlich.

In dieser Zeit der unerquicklichen Auseinandersetzungen wurde im Mai 1968 auf meine Initiative als damaliger SPD-Kreisvorsitzender von Bamberg-Land von den SPD-Fraktionen des Bamberger Stadtrats und des Bamberger Kreistags die Entschließung gefasst, „dass von der Stadt Bamberg und dem Landkreis ein gemeinsames Hauptversorgungskrankenhaus zu errichten ist“ (FT vom 6.5.1968). Der entsprechende Dringlichkeitsantrag wurde im Juli 1968 im Kreistag behandelt und mit 29:10 Stimmen abgelehnt (FT vom 26.7.1968).

Die zuständigen Gremien einschließlich der Bayerischen Staatsregierung – und besonders diese – beharrten auf ihren Meinungen und motzen alle Krankenhäuser im Bamberger Raum nach allen Regeln des wirtschaftlichen Unsinns auf. So bieten heute die Kliniken Scheßlitz, Bamberg und Burgebrach (Gerolzhofen nicht zu vergessen), obwohl sie nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind, nahezu die gleichen ärztlichen Leistungen an. Der Raum ist überversorgt. Deshalb kommt es wie es kommen musste: Die Überkapazitäten als Ergebnis verfehlter Stadt- und Kreispolitik müssen abgebaut werden – ganz egal, wie! So wie bisher kann es jedenfalls nicht weitergehen. Endziel bleibt ein neu geordnetes Krankenhauswesen, auf die Rechtsform kommt es nicht an.

Als Sofortmaßnahme wiederhole ich einen alten Vorschlag: Es wird eine ärztliche Leitstelle errichtet, die die Patienten entsprechend der hausärztlichen Diagnose in das von der Kompetenz, dem Personal und der freien Bettenzahl her am besten geeignete Haus einweist. Nach kurzer Zeit wird sich zeigen, wo abgebaut werden muss. Das Wie ist dann eine sekundäre Frage.

Andreas Stenglein
Weiße Marterstraße 13
96049 Bamberg-Gaustadt