Verlängerung der Wahlperiode

(Leserbrief vom 11. Januar 2003)

 

Wieder einmal redet Bundestagspräsident Wolfgang Thierse den Wählern ein, dass die Wahlperiode des Bundestags von vier auf fünf Jahre verlängert werden müsse, weil „die Wahlkämpfe immer früher begännen und immer aufwändiger würden“ (siehe FT vom 8. Januar). Gewissermaßen zum Ausgleich sollten „die direkten Einwirkungsmöglichkeiten der Bürger verbessert werden“.

Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus! Die Wahlkampfzeit muss verkürzt und nicht die Wahlperiode verlängert werden. Das hätte für den Wähler den Vorteil, dass er von dem unsinnigen Geschwafel länger verschont bliebe, weil es im Prinzip doch gehupft wie getupft ist, ob die einen (die Roten und die Grünen) die tatsächlichen Verhältnisse verschweigen oder die anderen (die Schwarzen) das Blau vom Himmel herunter versprechen.

Nach der landläufigen Meinung (die ich nicht teile) lügen sie doch sowieso alle, dass sich die Balken biegen. Am ehesten gelänge das, wenn die Zuschüsse an die Parteien gestrichen oder wenigstens reduziert und die Dauer der Wahlkämpfe zeitlich begrenzt würden. Wenn dies nämlich nicht geschieht, fangen die Parteien wieder zur Halbzeit mit ihren Wahlkämpfen an. Und dann werden gar 2 ½ statt 2 Jahre Wahlkampf daraus!

Jede Art von Verlängerung der Wahlperioden beschneidet die Rechte der Wähler und kann auch durch noch so nebulöse „Einwirkungsmöglichkeiten“ nicht kompensiert werden (welcher Art die sein sollen, steht zudem in den Sternen). Zu Ende gedacht, genügt zum Schluss eine zehnjährige Wahlperiode oder weiß der Kuckuck welche.

Das Argument, dass sich die Abgeordneten erst lange einarbeiten müssten und damit viel Zeit verloren gehe, lasse ich nicht gelten. Diejenigen, die sich aufstellen lassen, sollten soviel Grips im Hirn haben, dass sie nach relativ kurzer Anlaufzeit ihren Aufgaben gerecht werden können. Wenn sie den nicht haben, sollten sie die Finger vom dem Job lassen.

Andreas Stenglein
Weiße Marterstraße 13
96049 Bamberg-Gaustadt