Wenig Interesse an Europa
(Leserbrief vom 8. Mai 2004; nicht gedruckt)
Im Artikel (vom 8. Mai) „Wenig Interesse an Europa? Das Rathausgespräch zur europäischen Verfassung fand kaum Beachtung“ wird bedauernd festgehalten, dass „ungeachtet der Tragweite des Themas und der Kompetenz der Teilnehmer [gemeint sind die Diskutanten] die Stuhlreihen im Harmoniesaal überwiegend leer blieben“.
Ich erlaube mir die Frage, ob die Stühle vielleicht nicht deshalb leer blieben, weil den Wählern die Tragweite des Themas sehr wohl bekannt ist, dass sie aber die Kompetenz der Gesprächsteilnehmer in Frage stell(t)en?
Das beginnt mit der Allerweltsfloskel Hännls (FT-Chefredakteur), dass es „eben immer eine Minderheit sei, die sich für politische Dinge interessiere“, und der abwegigen Annahme Lauers (Bamberger OB), dass „die Bürger noch nicht begriffen hätten, wie stark Europa ihr tägliches Leben beeinflusst“ und endet mit der dummdreisten Behauptung, dass bei dem vorliegenden Entwurf die „Bundesregierung leider keine herausragende Rolle gespielt“ habe.
Was die anderen Teilnehmer beitrugen, ist schon hundertmal gesagt worden. Irgendein neuer Gesichtspunkt war nicht darunter. Recht ulkig lesen sich die geäußerten Meinungen der ausländischen Gäste aus Bambergs Partnerstadt Estergom und aus Prag, die den Vertragsentwurf – nach eigenem Bekunden – nicht vollständig gelesen haben oder nichts anderes beizusteuern hatten, als die Aufnahme des Gottesbezugs in die Verfassung zu wünschen – ein Wunsch, der bei weitgehend laizistischen Staaten auf taube Ohre stoßen dürfte.
OB Lauer sollte sich, da er kein Bundes- oder Europaabgeordneter ist und folglich vom Entwurf der Verfassung nicht mehr als jeder andere halbwegs Gebildeter versteht, besser darum kümmern, dass ihm sein Baureferent keine faulen Straußeneier legt und dass die Stadt Bamberg keine Verträge mit Firmen (Warmuth) abschließt, die der Stadt – so wie es aussieht – horrende Summen (1,8 Millionen Euro) kosten und dass schließlich und endlich mit der Prozessvertretung kein Rechtsanwalt (Heller) betraut wird, der als Stadtrat für Warmuth stimmt und nun gegen ihn den Prozess führt und das nur deshalb, weil bei der Stadt die fragwürdige Übung herrscht, dass ausschließlich oder in erster Linie mit der Rechtsvertretung der Stadt Anwälte betraut werden, die Mitglieder des Stadtrates sind und das mit der noch fragwürdigeren Begründung, dass dies zum Ausgleich dafür geschehe, weil sie (als Ausfluss der Gemeindeordnung) keine Prozesse gegen die Stadt führen dürften und somit ein finanzieller Ausgleich geschaffen werden solle oder müsse. (Diese Gepflogenheit ist schon von Lauers Vorgängern praktiziert worden, wodurch sie aber nicht richtiger wird.)
Andreas Stenglein
Weiße Marterstraße 13
96049 Bamberg-Gaustadt