SPD: 50 Jahre SPD-Kreisverband Bamberg-Land

Schriftliche Fassung meiner am 10. November 2007 bei der Jubiläumsveranstaltung im Unteren Schloss in Bischberg gehaltenen Rede.

 

Am Sonntag, dem 7. April 1957, hat der Gaustadter SPD-Vorsitzende Georg Ritter (*7.7.1882 Gaustadt) mich in aller Frühe aus den Federn geklingelt und um die Teilnahme an einer um 9 Uhr stattfindenden SPD-Konferenz in der Gaststätte Schillerplatz (Bamberg) gebeten. Ich tat ihm den Gefallen und bin mitgegangen.

Im ersten Teil referierte Parteisekretär Ferdinand Drexler aus Nürnberg (MdL) über die Bundespolitik, wobei er sich besonders mit der Rentenproblematik befasste. Im zweiten Teil ging es um die Lostrennung der Landkreis-SPD von der Stadt-SPD, da die Interessen der zehn oder zwölf Ortvereine mit rd. 200 Mitglieder in einem eigenen Kreisverband besser vertreten werden könnten. Die Initiatoren hatten auch die entsprechenden Wahlvorschläge parat und alles wäre sicher programmgemäß verlaufen, wenn bei der Wahl zum Ersten Vorstand nicht irgendwer mich anstelle von Hermann Röbbenack ins Spiel gebracht hätte. Ich wollte erklären, dass ich nur ein einfaches Mitglied sei und folglich nicht in Betracht käme, da erhielt ich von meinem Nachbarn Hans Dräßel die erste Lektion in Politik: Ich solle ruhig sein und nichts sagen. Wenn ich nicht gewählt würde, wäre die Sache erledigt, und sollte ich gewählt werden, könne ich immer noch sagen, dass ich die Wahl nicht annähme. Also hielt ich meinen Mund. Wider Erwarten fiel die Wahl eindeutig zu meinen Gunsten aus. Als ich zur Abgabe einer Erklärung ansetzen und die Ablehnung begründen wollte, bekam ich die zweite Lektion: Bei einem solchen Ergebnis könne und dürfe man nicht „nein“ sagen, da müsse man sich für das große Vertrauen bedanken und die Wahl annehmen. Also bedankte ich mich, sagte „ja“ und war somit der erste Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Bamberg-Land. Gewählt wurden noch: Emil Deutsch (1. Stellvertreter), Hermann Röbbenack (2. Stellvertreter), Franz Krügel (Schriftführer) und Erich Stahlhöfer (Kassier). Berichtet wurde über die Konferenz im FT am 8.4.1957.

Die erste größere Arbeit war – neben der Straffung und dem Ausbau der Organisation – die Durchführung des Bundestagswahlkampfes am 15. September 1957. Kandidat ist Bürgermeister Georg Grosch (*9.12.1906 Bamberg), MdL, gewesen. Die CDU/CSU erhielt damals – das erste und einzige Mal – die absolute Mehrheit in der Bundesrepublik.

Zu erwähnen ist die Konferenz der Mandatsträger der SPD Bamberg-Stadt und Bamberg-Land vom 3. November 1957, in der die Schaffung einer Planungs-gemeinschaft zwischen den einzelnen Gemeinden und die Errichtung eines Wirtschaftsgroßraumes Bamberg gefordert wurde, deren Umsetzung am Widerstand der konservativen Kräfte jedoch scheiterte. Dem Konferenzbeschluss vom 29. August 1958 mit dem Ziel der Errichtung eines Zweckverbandes zum Bau eines gemeinsamen Krankenhauses erging es nicht besser.

Die Nominierung der Kandidaten für den Landtag und Bezirkstag im Jahre 1958 war schneller als gedacht erfolgt, weil Emil Deutsch den Ersten und Zweiten Vorstand für „geborene Kandidaten“ betrachtete und dem sinngemäßen Antrag, dass der Vorsitzende einen geeigneten Kandidaten suchen solle, von vorneherein eine klaren Absage erteilt wurde. So wurde dann auch in der fälligen Konferenz Deutsch Bezirkstagskandidat und ich Landtagskandidat.

Ich erhielt 9.682 Erststimmen (22,8 %) + 4.247 Zweitstimmen = 13.929 Gesamt-stimmen und wurde in den Landtag – wie Deutsch in den Bezirkstag – gewählt.

1960 fanden die ersten Kommunalwahlen mit sechsjähriger Mandatszeit statt. Als Kreisvorsitzender war ich besonders mit der Kreistagswahl befasst, nicht sehr mit der Gaustadter Bürgermeister- und Gemeinderatswahl, die ohne meine direkte und indirekte Mitwirkung vonstatten ging.1 Die SPD mit mir als Spitzenkandidat erhielt für den Kreistag zehn Sitze gegenüber acht im Jahre 1956, sieben im Jahre 1952, sechs 1948 und sechs 1946.2 Zum Fraktionsvorsitzenden wurde ich gewählt.

Zum Bundestag kandidierte 1961 wiederum (erfolglos) Georg Grosch.

Bei der Landtagswahl 1962 wurde ich mit 13.089 Erststimmen (28,4 %) + 6.746 Zweitstimmen = 19.835 Gesamtstimmen erneut ins Bayerische Parlament gewählt.

1964 wurde Emil Kemmer (CSU) Landrat für Dr. Georg Hart (1952 bis 1964). Sein Gegenkandidat war Konrad Ruppert von der SPD.

Bei der Landrats- und Kreistagswahl 1966 standen sich für den Landratsposten (Landrat Kemmer war am 26.11.1965 gestorben) Oberregierungsrat Otto Neukum (*23.12.1929, CSU) und Rechtsanwalt Herbert Güthlein (*25.3.1935, SPD) gegenüber. Ich war wieder als Spitzenkandidat der SPD für den Kreistag nominiert. Neukum erhielt 30.149 Stimmen (62,5 %), Güthlein 18.061 Stimmen (37,5 %).
Die CSU erhielt im Kreistag 27 Sitze (gegen 25 im Jahre 1960), die SPD elf Sitze (gegenüber zehn 1960). Zum Fraktionsvor- sitzenden wurde wieder ich gewählt.3

Die Gaustadter Bürgermeisterkandidatur 1966 mit der miserablen Ausgangslage – einen amtierenden Bürgermeister aus dem Sattel zu heben – ist geradewegs auf mich zugelaufen. Mit 1544 Stimmen (51.2 %) gegen 1469 (48.8 %) habe ich die Stichwahl am 27. März gegen Kilian Krug gewonnen. Die Sitze im Gemeinderat verteilten sich auf CSU/BV: sieben, SPD: sieben und Freie Bürgerschaft: zwei.

Als Landtagskandidat am 20.11.1966 erhielt ich 14.283 Erststimmen (28,9 %) und 5.926 Zweitstimmen (20.209 Gesamt), kam aber trotz des besten Wahlergebnisses, das die SPD im Landkreis Bamberg (mit damals rd. 80.000 Einwohnern) je erhielt, nicht mehr in den Landtag, da die Oberfranken-SPD zwei Sitze verlor.

Ende 1967, anfangs 1968 gab es ein paar unliebsame Auseinandersetzungen zwischen dem Gaustadter Gemeinderat und mir, die aus fadenscheinigen Gründen von einigen Kreisvorstandsmitgliedern, die ein Junktim daraus ableiteten, in den Kreisverband gezerrt wurden und die Zusammenarbeit kolossal erschwerten.4 Trotz meiner rechtlich einwandfreien Handlungsweise leitete die SPD-Gemeinderatsfraktion ein Parteiverfahren nach dem andern gegen mich ein, die allesamt wie das Hornberger Schießen ausgingen.5

Treffen der SPD-Kreistags- und der SPD-Stadtratsfraktion im Mai 1968 unter meinem Vorsitz in Gaustadt. Wichtigster Beschluss: Bau eines gemeinsamen Hauptversorgungskrankenhauses.

Auflösung der Berufsschule durch Beschluss des Kreistags im Mai 1968 und Umgliederung der Schüler in die Berufsschule der Stadt Bamberg.

Die Gaustadter „Jubiläumssitzung“ des Gemeinderats am 11. Juli 1968 (es war die 50. GR-Sitzung) endete lt. FT vom 13. Juli 1968 „mit einem Paukenschlag, weil die SPD-Fraktion aus Protest gegen das Verhalten des Ersten Bürgermeisters den Sitzungssaal verließ“, und zwar – wie ich heute noch meine – aus einem völlig nichtigen Anlass: Gemeinderat Lieff hatte sich zum Schluss der Sitzung darüber mokiert, dass ich während einer zweitägigen Abwesenheit (genau genommen war es ein Nachmittag und ein Vormittag) meinen Stellvertreter nicht mit der Amtsführung beauftragt hätte, was für mich eine mehr als absonderliche Frage war, weil der Gaustadter Bürgermeister als ehrenamtlicher Bürgermeister an keine Amts- oder Dienstzeiten gebunden war. Ohne jeglichen erkennbaren Zusammenhang erklärte er noch, „dass seine Fraktion an keiner Gemeinderats-sitzung mehr teilnehmen werde, solange ich nicht gewillt sei, mit den anderen demokratischen Kräften so zusammenzuarbeiten, wie man es von mir verlangen könne“ (was gar nicht zur Debatte stand). Meine Antwort darauf, dass ich mich prinzipiell nicht erpressen ließe, auch nicht von einer Fraktion, befriedigte ihn offenbar noch weniger, weil er mit seiner Fraktion den Sitzungssaal verließ. Und tatsächlich nahm die SPD an den Sitzungen vom 25. Juli und 1. August nicht teil.6

Alle Gemeinden des Landkreises betraf mein Antrag in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion vom 15. Juli 1968, wonach „Verhandlungen mit der Stadt Bamberg zwecks Errichtung einer gemeinsamen Müllverwertung aufzunehmen“ seien. Dieses Problem wurde vom Kreistag zwar als wichtiges Problem angesehen, jedoch „nicht pressant“ eingestuft. Der Antrag wurde in der Juli-Sitzung zur Kenntnis genommen und zurückgestellt, bis auf Bundes- oder Landesebene hierzu etwas angeordnet würde.

Der Zweckverband „Kommunale Selbsthilfe“, dem rund zehn größere Gemeinden des Landkreises angehörten, befürwortete in seiner Oktober-Sitzung 1968 die Einführung einer zentralen Müllversorgung in Zusammenarbeit mit der Stadt Bamberg sowie die Einführung einer zentralen Straßenreinigung.

Nicht unerwähnt bleiben darf, wie schon kurz angedeutet, die Tatsache, dass vom Gaustadter Hauskrach auch die Arbeit im SPD-Kreisverband tangiert wurde und die ganze Geschichte letztlich recht unerfreulich endete. Ich hatte nämlich, um keine Interessenkollision aufkommen zu lassen und weil ich meinte, dass sich das so gehört, während des schwebenden Parteiverfahrens meinen Stellvertreter Hans Kappl mit der Geschäftsführung beauftragt gehabt, was unerwartet zu Intrigen führte, weshalb ich in der Kreiskonferenz am 1. März 1969 den Vorsitz des Kreisverbandes mit nun 759 Mitglieder in 24 Ortsvereinen zur Disposition stellte.7

Eine totale Überraschung (man kann auch sagen, dass es die Ironie des Schicksals so wollte) brachte die Jahreshauptversammlung des Gaustadter SPD-Ortsvereins am 14. Februar 1970, in der Herbert Lieff wegen seiner dauernden Obstruktion gegen mich als Vorsitzender abgewählt wurde und ich zum neuen Vorsitzenden gewählt worden bin. (Dieses Amt bekleidete ich bis zur Eingemeindung nach Bamberg 1972 und komme somit in der Tat auf 15 Jahre SPD-Vorstandstätigkeit.)

In dieser Zusammenkunft äußerte ich mich positiv zu einer engen Zusammenarbeit mit der Stadt Bamberg, musste ihr aber Versäumnisse in der Krankenhausplanung vorwerfen. Nichtsdestotrotz machte ich meine Bedenken gegen den beabsichtigten Erweiterungsbau des Scheßlitzer Kreiskrankenhauses für etwa 25 Millionen DM im Hinblick auf das „eines Tages in Bamberg zu errichtende Hauptversorgungshaus“ geltend.

Bei der Landtagswahl am 22. November 1970 erhielt Hans Kappl 12.999 Erststimmen (25,2 % statt 28,9 %) und 3.908 Zweitstimmen, gesamt 16.907 (gegen 20.209 im Jahre 1966).


Dezidiert befasste ich mich in der Hauptversammlung der Gaustadter SPD am 30. Januar 1971 mit den Gestaltungsmöglichkeiten der Gemeinden, „die in ihren Größenordnungen und ihren finanziellen und technischen Möglichkeiten nicht mehr in der Lage seien, den Bürgern den notwendigen Service zu bieten und die geforderten Dienstleistungen zu erbringen, die einer modernen Zeit entsprächen“. Beseitigt werden könnten diese Missstände nur durch bessere Finanz-ausstattungen, Schaffung kommunaler Zweckverbände und Verwaltungs-gemeinschaften sowie durch Gemeindezusammenschlüsse und Eingemeindungen. Um eine Gebietsreform, beginnend auf der Gemeindeebene, werde man nicht herumkommen.
Bedauerlicherweise verlangte Bambergs Oberbürgermeister Dr. Theodor Mathieu (CSU), den der Teufel geritten haben musste, im Februar 1971 in einem Brief an die Regierung von Oberfranken die „Eingliederung8 von zwölf Randgemeinden“, nämlich Hallstadt, Dörfleins, Gaustadt, Bischberg, Trosdorf, Strullendorf, Bug, Wildensorg, Gundelsheim, Stegaurach/ Debring, Waizendorf/ Unteraurach und die Lichteneiche. Mit dieser unrealistischen Forderung hat er nach meinem Dafürhalten eine sinnvolle Neuordnung im Raum Bamberg von vorneherein vereitelt. Hätte er sich gemäßigt, wäre vermutlich eine andere Lösung herausgekommen. Unfair fand ich es, dass er den Antrag stellte, ohne mir vorher nur ein Wort zu vergönnen, zumal jedem bekannt war, dass ich seit Jahren für die Schaffung eines Großraumes Bamberg ohne Rücksicht auf die hierfür zu wählende Organisationsform gewesen bin. Dessen ungeachtet erklärte ich wörtlich: „Im Interesse der Bürger müsse abgewogen werden, wo sich für die Bevölkerung der Gemeinde Gaustadt der größere Vorteil ergebe, das könne sowohl bei der Stadt Bamberg als auch beim Landkreis der Fall sein.“9
Um es kurz zu machen:
Die Regierung von Oberfranken in Bayreuth hat den Eingliederungswunsch der Stadt Bamberg nicht weiter verfolgt und den auf Gaustadt sich beziehenden Wunsch auf das Hafengebiet zurückgestutzt.
Trotzdem beschloss der Bayerische Ministerrat am 18. Mai 1971 völlig unerwartet die Eingliederung der Gemeinde Gaustadt in die Stadt Bamberg. Diese Maßnahme war völlig unverständlich, weil die Regierung ja Gemeinden mit 5000 Einwohnern anstrebte, da nur diese zur Erfüllung der gemeindlichen Aufgaben imstande seien, und Gaustadt diese Kriterien erfüllte.
Die offiziellen Stellungnahmen der Gemeinde zur Eingliederung erfolgten in den Gemeinderatssitzungen vom 28. Juli und 14. Oktober 1971. Die wichtigsten Stellen lauten: Die Gemeinde Gaustadt stimmt der vorgesehenen Regelung des Entwurfs nicht zu. Sie ist mit der beabsichtigten zwangsweisen Eingliederung der Gemeinde Gaustadt in die Stadt Bamberg nicht einverstanden.
Doch es kam anders! Innenminister Dr. Bruno Merk legte am 3. November 1971 der CSU-Landtagsfraktion den am Vortag vom Kabinett beschlossenen Entwurf vor, wonach die Gemeinden Gaustadt, Bug und Wildensorg sowie der Ortsteil Hirschknock der Gemeinde Gundelsheim nach Bamberg eingemeindet werden sollen und damit alle bisherigen Vorschläge überholt seien. Diese Regelung wurde durch Rechtsverordnung der Bayer. Staatsregierung vom 27.12.1971 (GVBl. vom 31.12.1971, Nr. 26, S. 495) bekannt gegeben.
Nach Dr. Mathieus Meinung (im FT vom 4.11.) „handele es sich um eine Minilösung, die dringender Korrekturen bedürfe“.
Ich sah in der Entscheidung „in erster Linie politische Überlegungen, deren Ziel eine Stärkung des CSU-Stimmkreises Bamberg-Stadt sei. Von einer Entscheidung im Sinne einer vernünftigen und großzügigen Verwaltungsneugliederung könne keine Rede sein. Die Staatsregierung hat die Gebietsreform unleugbar nach CSU-Parteiwillkür durchgeführt.“
Den die Neugliederung betreffenden Teil habe ich mündlich nicht ausgeführt.


Dem SPD-Kreisverband wünsche ich in den nächsten 50 Jahren stetiges Wachstum zum Wohle der Landkreisbevölkerung.

Andreas Stenglein, Bamberg-Gaustadt, 10. November 2007

Meine den SPD-Kreisverband betreffenden Akten habe ich 1972 dem damaligen Kreisvorsitzenden Wölflein übergeben.

Vergleiche hierzu den vom Kreisverband der SPD veröffentlichten Artikel
50 Jahre SPD Bamberg – Land – SPD Pettstadt

Siehe auch: Die Gaustadter SPD
Siehe auch: Ein knappes Jahrhundert Politik

 


1) Hier war ich schon im Vorfeld gebeten worden, nicht für das Amt des Ersten Bürgermeisters zu kandidieren, weil dafür der Zweite Bürgermeister Anton Krug (*25.10.1895) vorgesehen sei. An dessen Stelle sollte ich dann im Jahre 1966 antreten. Diesem Wunsche habe ich entsprochen. Die Wahl gewann der CSU-Kandidat Kilian Krug (*22.8.1910) mit 1496 (= 56 %):1174 (= 44 %) bei 2670 Stimmen.

2) Stimmergebnisse der fünf Ersten der SPD 1960: Andreas Stenglein (Gaustadt): 27.144, Franz Krügel (Hallstadt): 16.984, Hans Stöcklein (Hallstadt): 16.928, Konrad Ruppert (Zeegendorf): 16.098, Johann Kappl (Strullendorf): 15.992.

3) Stimmergebnisse der fünf Ersten der SPD 1966: Andreas Stenglein (Gaustadt): 18.375, Herbert Lieff (Gaustadt): 12.905, Johann Kappl (Strullendorf): 12.240, Andreas Wölflein (Hallstadt): 12.059, Christian Hugel (Memmelsdorf): 11.031. 1966 waren die Kandidaten nicht gehäufelt; sie standen alle nur einmal auf der Liste.

4) Der Gemeinderat hatte ein paar Beschlüsse gefasst, die ich als Bürgermeister aus rechtlichen Gründen beanstanden musste. Meine Handlungsweise wurde seitens des Gemeinderats und besonders von der SPD-Fraktion unter ihrem Vorsitzenden Herbert Lieff kritisiert und zum Gegenstand weiterer Aktionen gemacht.
Hier die drei wichtigsten Fälle, die mir angelastet wurden und zu denen ich mich in der Fraktionssitzung am 4. Januar 1968 ausführlich geäußert hatte und folglich Herbert Lieff sowohl als Fraktions- als auch als Ortsvereinsvorsitzender im Bilde war:
– [Ungerechte] Mietfestsetzung für die Schwesternwohnung im Gebäude der Grundschule. Richtig war: Die Miete für die Schwesternwohnung hatte der Gemeinderat in seiner 37. Sitzung vom 9. November 1967, in der Lieff fehlte, mit 15:0 Stimmen nach der „Angemessenheitsverordnung“ festgesetzt. (Lieff hat 1967 von 16 Gemeinderatssitzungen sechsmal entschuldigt und zweimal unentschuldigt gefehlt; bei den restlichen acht Sitzungen ist er entweder zu spät gekommen oder zu früh gegangen. An den 57 Kreisausschuss-sitzungen vom 1. Mai 1966 bis 25. Oktober 1968 hat er sechsmal ganz und 13-mal teilweise teilgenommen. 13-mal fehlte er entschuldigt, elfmal unentschuldigt, 14-mal schickte er seinen Vertreter.) Die Wohnfläche ist von der Verwaltung nach DIN Nr. 283 richtig berechnet worden. Das Mutterhaus der Schwestern in Würzburg hat am 18.11.1967 den Mietvertrag akzeptiert.
– [Unkorrektes] Verhalten des Bürgermeisters gegenüber der Brauerei Wörner beim Verlegen einer Wasserleitung. Richtig war: Das am 11.12.1967 bei der Gemeinde eingegangene Gesuch der Bürgerbräu zur Verlegung einer privaten Wasserleitung in der Hauptstraße wurde am 14.12.1967 an das Straßenbauamt Bamberg weitergeleitet, weil für die Genehmigung nicht die Gemeinde, sondern dieses Amt (als Bauträger der Straße [B 26]) zuständig war. Um jedwede zeitliche Verzögerung zu vermeiden, war das Schreiben per Boten zugestellt worden.
– [Unkorrektes] Verhalten gegenüber dem Bauwerber Stuckateurmeister Hans Stark bei der Behandlung eines Baugesuches. Richtig war: Stark wollte auf einem Grundstück, das er von einem Rechtler erworben hatte, eine Gerüsthalle bauen. Rechtlergrundstücke bleiben jedoch trotz Nutznießung durch die Rechtler Eigentum der Gemeinde und können vom einzelnen Rechtler weder verkauft noch verpachtet werden. Folglich konnte die Zustimmung zur Baugenehmigung – abgesehen davon, dass sich das Grundstück im Außenbereich befand und es hierüber keinen Bebauungsplan gab – nicht erteilt werden.
Der SPD-Ortsverein Gaustadt billigte in einer Versammlung am 13. Januar 1968 (zu der ich die Einladung am 11. Januar erhalten hatte und an der ich wegen einer schon länger geplanten Reise nicht teilnehmen konnte) den Beschluss der SPD-Gemeinderatsfraktion, wonach „eine weitere Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister nicht mehr möglich sei, wenn dieser nicht bereit ist, sich den Beschlüssen der Fraktion anzuschließen“. Jedenfalls werde sie den Bürgermeister („der gleichzeitig Kreisvorsitzender der SPD ist“!) von jeder Fraktionssitzung ausschließen. Außerdem „werde die Fraktion die Dienstaufsichtsbehörde einschalten, um die Dinge zu überprüfen und zu klären“, was sie aber, obwohl so vollmundig angekündigt, nicht tat.

5) Die Fraktion beschloss am 21.1.1968, dass ich zu keiner Fraktionssitzung mehr eingeladen würde und auch an keiner mehr teilnehmen dürfe. Am 22.4.1968 schließlich wurde ein Parteiordnungsverfahren gegen mich beantragt, das abgelehnt werden musste, weil eine Fraktion dazu kein Antragsrecht hat. Ein späteres Feststellungsverfahren vor der Untersuchungs- und Feststellungskommission ging ebenfalls in die Hosen. Diese stellte am 5.12.1968 fest, „dass sie nicht überzeugt wurde, dass besonders von der Fraktion entscheidende Schritte zur Annäherung der Standpunkte getan wurden und die Vermittlungsversuche sowohl des Bezirks als auch des Unterbezirksvorsitzenden am mangelnden Interesse der Fraktion an einer gütlichen Einigung scheiterten“.

6) Der „Bruderzwist“ so war am 16.9.1968 im FT zu lesen „geht der SPD auf die Nerven“, weshalb der SPD-Unterbezirk Bamberg sowohl gegen den Bürgermeister als auch gegen die SPD-Fraktion die Einleitung eines Feststellungs- und Parteiordnungsverfahrens beschloss, weil, so der Unterbezirksvorsitzende Dr. de With, „alle Vermittlungsversuche der Partei gescheitert seien und die Gaustadter SPD-Fraktion eine weitere Vermittlung durch den Bezirk abgelehnt habe“.

7) In der Kreiskonferenz gab ich, um dem Gezerre eine Ende zu bereiten, folgende Erklärung ab: „Ich freue mich darüber, dass ich als Vorsitzender dieser Partei alle Höhen und Tiefen habe durchmachen dürfen. Sie hinterlassen schöne Erinnerungen und auch Narben, die aber – so hoffe ich – gut vernarbt sind. Ich bin alt genug, um die Alten zu begreifen, und jung genug, um die Jungen zu verstehen. Außerdem bilde ich mir auch ein, vernünftig genug zu sein, um abwägen zu können, ob ich hier (im Kreisverband) noch an der richtigen Stelle stehe oder ob ich mich nicht mehr meiner Heimatgemeinde widmen solle. Ich bin zur SPD gegangen, weil ich diese als Schicksalsgemeinschaft besonders der Arbeitnehmerschaft betrachtete, die mit ihren erbrachten wirtschaftlichen Aufbauleistungen nach dem totalen Zusammenbruch auch angemessen in diesem Staat vertreten werden sollte und dem Totalitäranspruch der CSU etwas entgegengesetzt werden müsse. Ich bin zu dieser Partei gegangen, weil sie – und auch ich – beseelt war vom Glauben an eine bessere Zukunft in Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Dazu habe ich meinen Teil beigetragen. Der SPD-Kreisverband Bamberg-Land ist eine organisatorisch und politisch feste Größe mit einem nunmehrigen Wähleranteil von rund 30 % geworden. Das ist, ohne jemand zu nahe treten zu wollen, mein Werk. Der Kreisverband steht gut da; er kann unproblematisch weitergeführt werden. Ich darf daher ebenso herzlich wie dringend bitten, mich als Kreisvorsitzenden nicht wieder zu wählen.“ Mit 43:20 Stimmen wurde Hans Kappl zum Ersten Vorsitzenden gewählt.
In den Sitzungen am 7. und 18. Juli 1969, zu denen ich nicht eingeladen worden war, erfolgte dann meine Abwahl als Fraktionsvorsitzender und als Mitglied des Kreisausschusses. Beide Ämter übernahm Hans Kappl (der als Bediensteter des Landratsamtes Bamberg dafür denkbar ungeeignet gewesen ist).

8) Die „Eingliederung“ bedeutet, dass die Gemeinden aufgelöst und von Bamberg übernommen werden. Im Unterschied zu einer freiwilligen Zusammenlegung, wo alle Gemeinden aufgelöst und eine neue Gemeinde gebildet wird, wird bei der Eingliederung keine Neuwahl durchgeführt; hierzu erfolgte eine Änderung des Artikels 11 Gemeindeordnung (GO), der die Bestandsgarantie der Gemeinden regulierte.

9) Die Gemeinde Gaustadt hat 1970 an den Kreis 377.401 DM Kreisumlage gezahlt. Die 37 kleinsten Gemeinden des Landkreises mit ungefähr derselben Einwohnerzahl wie Gaustadt zahlten im gleichen Zeitraum 242.512 DM.