Ein Riesendamm schützt Gaustadt

12.10.2010 Von: Michael Wehner Fränkischer Tag

Hochwasser Ein neuer Damm am Sylvanersee schützt Gaustadt vor unberechenbaren Fluten aus dem Michelsberger Wald. Am Montag wurde das Projekt, an dem seit 2007 gebaut wurde, eingeweiht. Inklusive Kanal kostete der Hochwasserschutz für Gaustadt 4,1 Millionen Euro. Zwei weitere Regenrückhaltebecken sind geplant.
Peter Röckelein erinnert sich noch genau an die Katastrophe Anfang der 80er Jahre Damals wurde sein Elternhaus unterhalb der Gaustadter Hauptstraße von den Wassermassen verwüstet, die sich über den Damm des Sylvanersees in Richtung Tal ergossen hatten. „Der Schlamm lag 20 Zentimeter hoch. Hatte er sich verfestigt, war er kaum noch zu entfernen“, erzählt Röckelein. Rund 30 Jahre später, im August 2006, hat der Himmel wieder zugeschlagen. In wenigen Minuten fielen bei einem Gewitter im Nordwesten der Stadt 60 Liter Regen auf den Quadratmeter. Die Folge: Im dicht besiedelten Quartier zwischen Gaustadter Hauptstraße und dem Main-Donau-Kanal standen Keller und sogar die Straßen unter Wasser. Von der Urgewalt der Elemente war am gestrigen Montag bei der Einweihung des Damms nichts zu spüren. Die strahlende Oktobersonne spiegelte sich im Wasser des Sylvanersees, OB Andreas Starke (SPD) sprach am Rednerpult von einer unendlichen Geschichte, die sich nun dem Ende nähere. Was nach Jahrzehnte langer Planung und einer Reihe von Gutachten entstanden ist, können Besucher des idyllisch am Waldrand gelegenen Sylvanersees bereits seit einigen Monaten anschauen: Der See, der einst rundherum eingewachsen war, erhielt zu den beiden Hochhäusern hin eine stattliche Staumauer; zur Seewiesenstraße hin bilden massige Natursteinblöcke eine etwas niedrigere Schulter. Das Besondere am Gaustadter Hochwasserschutz: die Zyklopensteine, der Damm, die 1,2 Kilometer lange Rohrleitung bis hin zum Auslaufbecken am Main-Donau-Kanal sichern den Stadtteil vor der unberechenbaren Kraft eines Bächleins, das im Normalfall wenig Wasser führt. Nicht umsonst haben die Anwohner während der Arbeiten immer wieder gefragt: Warum wird der Damm eigentlich so hoch? Die Antwort: Hochwasserschutz in Gaustadt ist die Absicherung vor dem seltenen Ernstfall. Um die Fluten aufzunehmen, die alle paar Jahrzehnte vom Michelsberger Wald kommend über Gaustadt hereinbrechen, braucht der Sylvanersee ein Fassungsvermögen von über 33 000 Kubikmetern Wasser; so haben es jedenfalls die Hydrogeologen errechnet. Aufgrund ihrer Bemessungsgrundlagen hat der Wall nun eine Höhe von 4,40 Metern. 1,20 Meter davon sind einer DIN-Norm geschuldet, die das Bauwerk zusätzlich gegen Wellenschlag sichern soll. Mit der Fertigstellung des neuen Damms ist das Schutzniveau in Gaustadt hoch, das heißt aber nicht, dass es künftig keine Hochwasser mehr geben wird: Um den Stadtteil vor 100-jährlichen Starkregen zu schützen, plant der Entsorgungs- und Baubetrieb (EBB) zwei weitere Regenrückhaltebecken am Bachlauf oberhalb: Eines an der Wagnersleite mit 13 000 und ein drittes im Michelsberger Wald mit 33 000 Kubikmetern Fassungsvermögen. Geschätzte Kosten ohne Grunderwerb: eine Million Euro. Wer vor dem Sylvanersee steht, erkennt rechts eine abgeflachte Dammseite. Bei dieser Einsattelung handelt es sich um einen Überlauf, einen mit großen Natursteinen bewehrten Einbau für den noch selteneren Extremfall: Dieser Überlauf soll dafür sorgen, dass im Falle eines 1000-jährlichen (!) Starkregens der Damm nicht bricht, sondern das überschüssige Wasser über die Straße abfließen kann. Für den Bau des neuen Walls wurden im Winter 2009 etliche Ufer-Bäume gefällt. Vom EBB wollten wir wissen, warum auf der Dammkrone kein Ersatz gepflanzt wurde. Die Antwort: Damit der Damm fest bleibt, darf er keine tief wurzelnden Pflanzen tragen. Auf seiner Rückseite wurden allerdings 500 niedrige Sträucher gesetzt.

siehe auch: Leserbrief zum Artikel „Ein Damm für den Ernstfall“ im FT vom 12. Oktober.